Gedanken zum Monat

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gäste,

der Jesuit Franz Jalics, der vielen auf dem Weg zu Gott geholfen hat, erzählt, wie er als junger Priester in eine Krise geriet. Er war Theologieprofessor und Spiritual an einer Ordenshochschule. Er hatte zu unterrichten, Studenten zu beraten und Gottesdienste zu feiern, aber ihm wurde bewusst, dass er nicht mehr an Gott glauben konnte. Sein ganzes bisheriges Leben stand in Frage. Aus dieser Krise holte ihn ein schlichtes Erlebnis heraus: Es gab einen Gemeinschaftsraum, in dem die Professoren nach dem Mittagessen Kaffee tranken. Ein älterer Mitbruder im Ruhestand spülte die Tassen. Eines Tages protestierte dieser empört, dass alle wie selbstverständlich ihm den ganzen Berg Geschirr überließen. Jalics ging in der Pause spazieren. Da wurde ihm bewusst, dass gerade ein alter Mitbruder mit einem Problem an die Gemeinschaft herangetreten war und er sein Anliegen gar nicht an sich herangelassen hatte: Ich bin so sehr in meiner kleinen Welt gefangen, dass ich gar nicht mehr wahrnehme, wie es den Menschen neben mir geht. Jalics gingen die Augen auf, dass seine Glaubenskrise damit zusammenhängen könnte: Bin ich so sehr in meinen Gedanken und Aktivitäten verstrickt, dass ich auch Gott nicht mehr an mich heranlasse und daher nicht mehr an ihn glauben kann? Jalics fasste einen Vorsatz: Ich will die Menschen wahrnehmen, sie hören und sehen, fragen, wer sie sind, was in ihnen steckt: welches Gute, welche Nöte und Ängste. Und er bemühte sich darum, Tag für Tag. Nach einem Jahr war die Glaubenskrise vorbei. Eine Einsicht, die sein Leben veränderte, eigentlich so alt wie das Evangelium: Unsere Beziehungen zu den Menschen und zu Gott lassen sich nicht trennen. Wir haben nur ein Herz, mit dem wir Gott, die Menschen und uns selber lieben. Die Heiligen 40 Tage vor Ostern wollen uns die Augen schärfen für unser Herz, für die Menschen mit uns und für Gott, der immer da ist in mir und in den Menschen mit mir. Probieren Sie es aus; spüren Sie Jalics Erkenntnis nach. Die Exerzitien im Alltag, die wir am 14. März beginnen, haben dieses Thema: Das Gute sehen. „Ein Riesenschritt ist getan, wenn wir einmal im Glauben erfahren, dass wir unsere Geschichte nicht allein machen. Wir machen sie zusammen mit Gott. Und er ist der erste und wir sind die zweiten, die zugreifen, wenn überhaupt.“ (Carlo Carretto)

Gemeinsam mit den Mitarbeitern grüßt Sie

Ihr Pfarrer Dr. Michael Höhle